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Channel: Dr. Madsen
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OrthoPulse – große Versprechungen, unsicherer Nutzen

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OrthoPulse ist ein Produkt der Firma Biolux Research, das der Beschleunigung kieferorthopädischer Behandlungen dienen soll. Es ist ein kleines batteriebetriebenes Gerät, das im Mund angewendet wird und dort Infrarotlicht ausstrahlt. Tatsächlich ist die Anregung vieler biologischer Vorgänge im Labor nachgewiesen. Am Patienten angewendet nennt man das Phototherapie. Das Intrarotlicht soll die Knochenzellen zu mehr Aktivität anregen und dadurch die Zahnbewegung schneller machen. Das wäre, wenn die Kosten für OrthoPulse überschaubar bleiben, ein willkommener Effekt – aber stimmt es wirklich, dass OrthoPulse die Behandlungsdauer abkürzt?

In einer wissenschaftlichen Studie waren die Ergebnisse für OrthoPulse wenig beeindruckend.  Die Autoren dieser Studie haben bei jungen Patienten mit festsitzenden Zahnspangen die Geschwindigkeit des Lückenschlusses gemessen. Sie fanden 0,042mm Zahnbewegung pro Woche mit OrthoPulse und 0,039mm pro Woche ohne OrthoPulse. Der Unterschied von 3 Tausendstelmillimetern ist weder statistisch noch klinisch von Bedeutung und so gering, dass es möglicherweise nur ein zufälliger Fehler der Untersuchung war. Die Autoren selbst merken an, dass die Zahl von 11 untersuchten Patienten sehr klein war, so dass größere Studien nötig sind, um die Wirksamkeit von OrthoPulse endgültig zu klären.

Chung, S, Tompson, B, Gong, S. The effect of light emitting diode phototherapy on rate of orthodontic tooth movement: a split mouth, controlled clinical trial. Journal of Orthodontics 2015;42, S. 274-283.   doi:10.1179/1465313315Y.0000000013

Biolux Research, der Hersteller von OrthoPulse, behauptete auf seiner Website, dass die Wirksamkeit seines Produkts und der Phototherapie in der Kieferorthopädie wissenschaftlich nachgewiesen wäre. Auf der eigenen Website werden von Orthopulse 7 internationale Universitäten aufgeführt, die die Wirksamkeit von OrthoPulse bestätigen würden ( https://www.orthopulse.com/de/patienten ). Das ist nur leider falsch, denn keine der genannten Universitäten steht für so etwas ein. Tatsächlich gibt es eine „vorläufige“ Studie, die nicht randomisiert war, bei der die Patienten nicht gleichzeitig und auch noch mit verschiedenen Brackets behandelt wurden. Immerhin erkennen diese Autoren die meisten Schwächen ihrer Studie an. Diese methodisch schwache Studie fand tatsächlich 1,27mm Zahnbewegung pro Woche mit Orthopulse gegenüber 0,44mm ohne Orthopulse. Das wäre wirklich eine bedeutende Beschleunigung – aber leider ist so eine schwache „vorläufige“ Studie keine ausreichende Grundlage, um die Anwendung von OrthoPulse in der Kieferorthopädie zu empfehlen.

Shaughnessy, T, Kantarci, A, Kau, C, Skrenes, D, Skrenes, S, Ma, D. Intraoral photobiomodulation-induced orthodontic tooth alignment : a preliminary study. BMC Oral Health 2016, S. 1–9. doi:10.1186/s12903-015-0159-7

OrthoPulse hat also möglicherweise eine beschleunigende Wirkung auf kieferorthopädische Behandlungen, nur leider wissen wir nicht, ob das wirklich so ist. Die bessere der beiden zitierten Studien spricht jedenfalls nicht dafür. Auf keinen Fall sollten Kieferorthopäden auf dieser unsicheren Grundlage Patienten OrthoPulse empfehlen bzw. verkaufen.

Tip für Patienten: Wenn Ihnen OrthoPulse angeboten wird, fragen Sie nach klaren Beweisen für die Wirksamkeit. So lange diese nicht vorliegen, ist die OrthoPulse-Anwendung ein Experiment auf Risiko und zu Lasten der Patienten. Also besser bleiben lassen!


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